Ostern habe ich mir hart verdient. Die letzten Wochen waren ein einziges Organisationschaos und obwohl ich eigentlich fleißig lernen sollte war mein Kopf randvoll mit allerlei Dingen, die sich spontan ergaben und nicht nach hinten verschoben werden konnten. Ich glaube diesen Zustand unkontrollierter Geschehnisse nennt man schlicht und ergreifend „Leben“. Und ja, ich mag dieses Leben sogar. Sehr.
Immer wieder treffe ich Menschen, die diesen Schwebezustand, in dem ich mich nun seit mehr als zwei Jahren befinde, nicht richtig greifen und begreifen können, die oft nach dem übergreifenden Ziel und dem allumfassenden Plan dahinter fragen. Natürlich gibt es da eine Idee in meinem Kopf, die mich voran treibt in all meinen Bemühungen. Nicht nur eine fixe Vorstellung davon, wie es irgendwann einmal sein kann oder gar soll, sondern vielmehr noch ein ganz tiefer, unumstößlicher Glauben an das, was sein wird. Ich weiß, dass der Osterhase kommt. Ich muss eben nur warten bis Ostern ist.
Es hat lang gedauert, bis dieser Glauben so unumstößlich war. Ich habe intensiv daran gearbeitet und gefeilt. Genau deshalb ist es für Andere schwer in Kürze nachzuvollziehen, wo die Reise hingeht. Denn meine Vision, die eher einer tiefen Zuversicht und grenzenlosem Urvertrauen ähnelt, passt auf keine Visitenkarte und in keine Kurzbeschreibung. Sie ist Anlass zu grundlegenden philosophischen Gesprächen, stunden- oder auch nächtelang, bei Wein und Essen natürlich.
Die ersten Etappenziele, die mein Weg erreicht hat, haben mich nicht nur den großen Zielen, sondern immer stärker auch dem großen Mut zu dieser holprigen Fahrt durchs Leben näher gebracht. Ich wusste am Anfang nicht, wie weit meine Kräfte und mein Willen reichen würden. Ich weiss es auch heute noch nicht. Aber sie haben mich bis hierhin getragen und scheinen von Etappenziel zu Etappenziel immer schnellere, entschlossenere Fahrt aufzunehmen.
Im Wandel der schnell vorüberziehenden Zeit vergisst man manchmal dankbar dafür zu sein, was sie bringt und schenkt. Wenn es im Eifer des Gefechts rumpelt und kracht frage ich mich oft, mal amüsiert, mal ärgerlich, wohin das alles führen wird. Am Ende ist das egal. Es gibt keinen radikalen Wandel, der sanft über das Leben streicht. Veränderung ist Änderung. Sie verläuft nicht linear, sondern schlägt wilde Haken wie der hoppelnde Osterhase. Und dann, auf einmal, aus dem Nichts, findet man ein Geschenk auf dem Weg.
Ich wurde reich beschenkt in den letzten zwei Monaten. Mit neuen Menschen in meinem Leben, die ich ohne diese unvorhersehbaren Veränderungen nicht kennengelernt, nicht schätzen gelernt hätte und die mir deshalb auch nicht neue Impulse zu weiterem Wandel und neue Denkanstöße gegeben hätten. Wir bekommen immer die richtigen Geschenke zum richtigen Zeitpunkt. Dann, wenn sie uns weiterhelfen, bestätigen oder Lektion sein können für den nächsten Schritt. Forrest Gump wusste das, ich weiß das, alle wissen das. Das Leben ist eine Pralinenschachtel.
In voller Fluggeschwindigkeit, am Karfreitag, mit Schweißperlen auf der Stirn von allerlei Organisations- und Vorbereitungschaos, überkam mich beim Kopfschütteln über diese verwunderliche Pralinenschachtel des Lebens plötzlich so eine Lawine an unendlicher Dankbarkeit und österlicher Vorfreude, dass ich nicht anders konnte, als im Vorratsschrank die allerletzten Zutaten für eine Osterfreude zusammenzuscharren und daraus spontan etwas zu zaubern. Schließlich ist Ostern das Fest der Freude über die Auferstehung.
Abseits jeglicher Religiosität, die mir weder ähnlich sieht noch besonders gut steht, feiere ich Ostern vor allem als Neubeginn und Anbruch einer neuen Zeit. Alte Gewohnheiten abstreifen, Neues beginnen. Niemals hat das besser gepasst als in diesem Jahr.
Da nicht einmal Luft zum Ostereier färben blieb und die Lust auf Ostersamstags-Spontankäufe sich sehr in Grenzen hielt, beschloss ich spontan, dass meine Ostereier dieses Jahr rund werden.
Sie sind ummantelt von dunkler Schokolade, gesprenkelt mit Blüten, gefüllt mit Pistazienmarzipan und in ihrem Kern versteckt sich zartschmelzender Nougat. Böse Zungen könnten behaupten, sie versuchten Mozartkugeln zu imitieren, aber das halte ich für ein böses Gerücht.
Sie machten sich gut in kleinen Cellophantütchen, die ich am Ostersonntag meinen Liebsten überreicht habe, obwohl wir seit Jahren die Ostergeschenke abgeschafft haben. Meine runden Ostereier waren vielmehr Dank dafür, dass diese Menschen Teil meines Neubeginns sind und mich dabei unterstützen, meine Vision zu verfolgen, selbst wenn die Zeiten nicht immer nur rosig sind.
Eines ist jedenfalls sicher: Am Ende jeden Versuchs ist immer ein Nougatkern zu finden. Er ist nur versteckt. Bis ich ihn finde, beiße ich gerne auch ein paar mal ins Bittere und hoffe auf den nächsten Besuch des Osterhasen.
Frohe Ostern, ihr lieben Pralinchen!
PISTAZIENMARZIPAN-PRALINEN MIT NOUGATKERN
Zutaten für 32 Kugeln:
200 g Marzipan
130 g ungesalzene, geschälte Pistazien
2 EL Williams Christ Schnaps (oder anderer guter Obstbrand)
50 g Puderzucker
150 g Haselnussnougat
180 g Zartbitterschokolade sehr guter Qualität (hier: Original Beans Cru Viarunga)
1 gestrichener TL Kokosfett
Gewürzblüten oder andere Gewürze nach Wunsch (auch Kokosraspel, Kaffeesplitter oder Kakaonibs sind gut)
Und so wird’s gemacht:
Pistazien mit Williams Christ Schnaps in einem Cutter (alternativ per Hand im Mörser) zu feiner Paste mahlen. Das Marzipan zugeben und kurz vermengen. Dann per Hand den Puderzucker unterkneten bis ein gleichmäßiges Marzipan entsteht.
Aus dem Nougat mit einem scharfen Messer 32 gleich große Quadrate schneiden. Für 10 Minuten in den Kühlschrank stellen. Dann mit der Hand sehr schnell zu Kugeln formen (sehr schnell, sonst klebt es mächtig) und diese wieder 10 Minuten kalt stellen.
Das Marzipan in eine ca. 3 cm breite Wurst rollen und in 32 Scheiben schneiden. Jedes Stück in der Hand flach drücken, eine Kugel Nussnougat darauf geben, mit dem Marzipan umhüllen und zwischen den Handinnenflächen zu einer Kugel rollen. Das ganze noch 31 mal wiederholen und alles nochmal kalt stellen.
Währenddessen 120 g Schokolade mit dem Kokosfett im Wasserbad langsam schmelzen (nicht zu schnell und erst recht nicht zu heiß, sonst klumpt es). Die Marzipankugeln mit Hilfe einer Pralinengabel in die Schokolade tunken, gleichmäßig damit umhüllen und auf ein Backpapier setzen. Sofort mit den Gewürzblüten bestreuen. An einem trockenen und kühlen Ort gut trocknen lassen.
Bon Appétit!
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