Gute Dinge sind so einfach und trotzdem geraten sie manchmal wieder in Vergessenheit. Vielleicht gerade weil sie einfach sind und wir uns schneller an alles erinnern, was Kraft, Zeit und Aufwand kostete – weil es uns länger beschäftigte.
Genauso geht es mir jedes Jahr wieder mit dicken Bohnen. Sobald ich die frische Ernte sichte, bin ich wild nach ihnen, muss unbedingt welche essen und bin regelrecht fanatisch ob ihres Geschmacks. Auch wenn sie so plump und rustikal aussehen, erinnern sie nicht an deftigen Bohneneintopf, sondern haben so ein feines Aroma wie junge Erbsen. Nicht ganz so süß wie die kleinen Erbsen, aber dennoch unverkennbar grün mit weich-sämiger Konsistenz und sanft-bohnigem Geschmack.
Als ich endlich welche auf dem Markt erspähte, war der Sachverhalt sehr schnell klar: Die Erinnerung wurde wach, ich musste kaufen. Eigentlich wollte ich nur zwei große Hand voll Bohnen, was eigentlich bedeutet, dass es vier Hände sind, da gerne mit beiden Händen eine Menge herausgehoben wird. Und dann war noch eine Hand übrig. „Der Anstandsrest“, sagte der Gemüsemann. „Auf in die Tüte damit“ erwiderte ich. Mit dieser Tüte Bohnen ging es dann nach Hause. Ich dachte an Risotto, wie so oft. Aber es kam alles anders, wie fast genauso oft. Die Bohnen gerieten glatt erst einmal in Vergessenheit in der Dunkelheit des Kühlschranks. Einige Tage kamen sie nicht mehr in mein Bewusstsein. Bis ich mich irgendwann wunderte, was wohl in dieser großen Tüte im Gemüsefach sein könnte. Ach ja, die dicken Bohnen. Wie konnte ich die nur vergessen? Schnell wurde die Tüte aufgemacht, die Bohnen waren noch gut. Puh. Sie warteten also nur darauf gegessen zu werden. Großer Überraschungsmoment mit glücklichem Ausgang. Unerwartetem dazu. Dann erteilte ich ihnen endlich die Zubereitungsehre.
Dicke Bohnen sind unfassbar köstlich, aber sie brauchen etwas Zeit. Zuerst wollen sie aus ihren großen, üppigen Schalen befreit werden, was die eingekaufte Menge schon einmal um gute 3/4 reduziert, da pro dicker Schale nur 4-5 Bohnen enthalten sind. Danach möchten sie blanchiert werden, bevor man dann auch ihre dicke, ungenießbare Haut entfernen kann – Bohne für Bohne für Bohne für Bohne. Eine Umverpackung mit inliegendem Aromaschutzbeutel sozusagen. Diese Bohnen passen gut auf sich und ihren leckeren Geschmack auf. Deshalb warteten sie auch so lange auf mich, bis ich endlich Zeit und Muße für sie hatte.
Am liebsten esse ich die dicken Bohnen sehr pur. Natürlich passen sie wunderbar in ein Weißwein-Risotto oder als Beilage zu geschmortem Fleisch oder auch einer groben Bratwurst. Um aber möglichst viel ihres Aromas abzubekommen, mag ich sie in simplen Rezepten. Mit etwas Käse, egal ob kräftig wie Pecorino oder mild wie Ricotta, einer Prise Fleur de Sel und als geschmackliches Kontra ein bisschen Minze zur Erfrischung. Im Luxusfall fügt ein bisschen kross angebratener Speck und ein paar feine Frühlingszwiebeln noch etwas mehr Körper hinzu. Fertig. Weder Pfeffer noch irgendwelche anderen starken Aromen dürfen sonst ran. Damit die dicken Bohnen die Hauptrolle behalten und das feine Aroma zur Geltung kommen kann.
Dicke Bohnen sind nicht unbedingt eine gute Idee für große Menüs und zahlreiche Gäste, aber pur aus der Pfanne gegessen, oder nur mit einem Stück Butterbrot, sind sie der absolute Kracher. Von wegen miefiges Bohnengemüse! So jung und frisch sind sie nur jetzt. Also schnell nochmal auf den Markt für ein kleines Abendessen der Saison. Bevor sie wieder vergessen werden.
DICKE BOHNEN MIT SPECK, PECORINO UND MINZE
Zutaten für 1 Portion:
3 große, doppelte handvoll Dicke Bohnen (ungeschält)
1 dicke Scheibe Bauchspeck (aus artgerechter Bio-Haltung, versteht sich)
1 große Ecke Pecorino
1 Frühlingszwiebel
2 Zweige Minze
Olivenöl
Salz, Pfeffer
Vorbereitung:
Speck in Würfel schneiden. Frühlingszwiebel in feine Scheiben schneiden. Bohnenschalen öffnen und die dicken Bohnen aus den Schalen holen. Schalen wegwerfen. Einen Topf Salzwasser zum kochen bringen. Die dicken Bohnen 5 Minuten im kochenden Wasser blanchieren, dann abgießen und mit Eiswasser kalt abschrecken. Danach die Bohnen aus ihrer Haut befreien. Das geht am besten mit der Hand, ein Messer macht es nur unnötig kompliziert und bricht viele Böhnchen. Per Hand geht es recht schnell und sobald man eine Kerbe in der Haut hat, flutschen die kleinen Bohnen fast von alleine heraus. Alle geschälten und enthäuteten Bohnen zur Seite stellen.
So wird’s gemacht:
Die Pfanne erhitzen und die Speckwürfel darin bei mittlerer Hitze gut anbräunen (ohne zusätzliches Öl). Danach etwas abkühlen lassen und dann die Bohnen vorsichtig mit dem Speck und dem ausgelassenen Fett vermengen. Frühlingszwiebelscheiben unterheben. Den Pecorino mit den Händen über der Pfanne zerbröseln. Minzblätter vom Zweig zupfen, in feine Streifen schneiden und über die Bohnen geben. Mit etwas gutem Olivenöl beträufeln und etwas Fleur de Sel darüber streuen. Fertig.
2 Comments
dicke bohnen – die frolleins habe ich ohne witz letzte woche zum ersten mal in 33 lebensjahren gegessen. natürlich hatte ich sie vorher auch nie gekocht … und mich dann gewundert, warum die grünen freundchen im auflauf, obwohl nun lange genug geköchelt, so eklig grau zwischen dem anderen gemüs‘ hervorlugten … ja, weiß iiiich ja nicht, dass die neben ihren dicken daunendecken (den schoten) auch noch einen 2. pyjama anhaben! also wurde jede einzelne bohne zwischen käse und soße und kartoffeln hervor- und aus ihrem mantel gepult … gemüseunwissen galore! nächstes mal: nach deinem rezept! 🙂
Klingt nach einem durchaus anstrengenden Essversuch. Löblich aber, dass Du trotzdem durchgehalten hast anstatt den Tellerinhalt in den Müll zu entsorgen 🙂 Beim nächsten Mal wünsche ich dann dafür eine Extraportion Genuss, wenn die grünen Dingers einfach auf der Zunge zerschmelzen. Viel Spaß dabei!